Neues von Angelo, es war eine harte Zeit, die hinter ihm lag.
Angelo erzählt hier die ersten Eindrücke, nachdem er wieder aufgewacht war.
6 Jahre sind seitdem vergangen.
Ich kann mich nur wage an den die letzten Sekunden erinnern, bevor es dunkel wurde, es ging damals so schnell.
Ich weiß nur das ich nicht auf Andreas hörte und ohne nachzudenken nach vorne ging.
Das letzte, was ich wahrgenommen hatte, war ein Schuss und der brennende Schmerz in der Herzgegend, danach verlor ich das Bewusstsein.
Wie lange ich weg war, weiß ich bis heute nicht genau.
Als die Ärzte mich damals aus dem künstlichen Koma weckten, dauerte es eine Zeitlang, bis ich zu mir kam.
Ich musste mich erst an das grelle Licht und die Geräusche gewöhnen.
Jede Bewegung meines Körpers, löste ein Inferno von Schmerzen aus.
Ich spürte noch den Tubus im Hals, der kurz nachdem ich die Augen geöffnet hatte, entfernt wurde.
War das schonmal erlebt hat, weiß wie unangenehm das ist.
Nur langsam hatten sich die Augen an das Licht gewöhnt und das Gehör kam langsam zurück.
Ich verspürte ein Ziehen am Hals. Mit noch etwas wackeliger Hand versuchte ich herauszufinden, was an meinem Hals war.
Ich hörte nur noch "nicht daran ziehen, es sind die Versorgungsleitungen".
Ich zuckte damals zusammen als einer der Ärzte sich über mich beugte und fragte, "Herr Meradino, wie geht es Ihnen?",
Ich denke mal, dass ich ihm darauf geantwortet habe, aber ich weiß es nicht mehr.
Der Hals schmerzte und das Sprechen viel mir schwer.
"Sie hatten Glück im Unglück, die Kugel verfehlte nur knapp die Hauptschlagader", sagte ein anderer Arzt, „wir mussten Sie in ein künstliches Koma legen.“
Ich verspürte zu seiner Zeit nur unerträgliche Schmerzen. Jede Bewegung, jeder Husten ließ meinen Körper steif werden und ich schrie innerlich auf. Die Schmerzen wurden damals mit starken Medikamenten und Opiate gelindert.
Irgendwie ging es damals an mir vorbei, so kurz nachdem Aufwecken, die Wahrheit zu erfahren.
Ich brauchte Zeit wieder zu mir zu kommen, wach zu werden.
Ich hörte damals noch, dass die Ärzte sich unterhielten, bevor ich einschlief.
Am nächsten Morgen, als ich aufgewacht war, sah ich Kiara an meiner Seite, jene die ich Liebe, die Mutter meiner 3 wunderbaren Kinder.
Sie hatte verweinte Augen und versuchte zu lächeln, was ihr schwer viel.
Sie hielt vorsichtig meine Hand. Ich sagte zu Ihr „ich bin wieder da“.
Weitere Tränen der Freude liefen an ihren Wangen herunter.
Ich frage sie wie lange ich weg war, sie sagte damals: "4 Monate, es war eine lange Zeit der Ungewissheit."
Ich denke mal, dass ich damals genickt hatte, dass nicht ohne Folgen blieb, da es einen Husten auslöste und ich wieder das Knirschen der Knochen in der Brust hörte.
Kiara rief eine Schwester. Es dauerte eine Weile, bis sie kam. Sie fragte mich, ob ich starke Schmerzen hätte, „Ja“ antwortete ich ihr, worauf sie mir das Schmerzmittel in einer der Schläuche an meinen Hals spritze.
Es dauerte eine Weile, bis es zu wirken begann.
Als die Schmerzen nachließen, fragte ich Kiara, „Was war in der Tüte von dir?“.
"Du wirst Vater von Zwillingen". "Ciara Ann und Lucy Sophie", das waren meine ersten Gedanken, wusste es aber bis dahin nicht, ob es Mädchen werden.
Sie sagte zu mir, dass es noch ungefähr 5 Monate bis zur Geburt sind.
"Bis dahin muss ich fit werden" gab ich zur Antwort. Sie lächelte und sagte: " Ja, dass, solltest du, hast ja lang genug geschlafen".
Wir beide mussten nach dem Spruch lachen. Diesmal ging es mit dem Lachen, da ich ja unter Drogen stand und das als Polizist.
Sie erzählte mir auch dass mein Partner Andreas sehr oft am Krankenbett war und es ihm sehr leidtat, dass diese geschehen ist.
"Es ist oder war mein Beruf, ein Risiko bestand immer", erwiderte ich.
"Ich gebe keinen eine Schuld, es war meine Entscheidung", gab ich ihr zu verstehen.
"Sage es nicht mir, sage es Andreas", sagte Sie verärgert zu mir.
Kiara saß noch eine Weile an meinem Bett. Irgendwann kam die Müdigkeit zurück und ich schlief ein.
In der Nacht bin ich aufgewacht, und das Kopfkino begann.
Schemenhaft kamen die Bilder des letzten Einsatzes zurück, es mussten die letzten Sekunden gewesen sein, bevor das Projektil in meinen Körper einschlug.
Ich verspürte noch den Schmerz, bevor es von der einen auf die andere Sekunde Dunkel und Still wurde.
Kiara sagte, dass ich 4 Monate im Koma lag. Lange Zeit. 4 Monate die in meinem Leben fehlten. Bei genauerem Nachdenken sind die 4 Monate nichts, denn es hätte auch anders ausgehen können.
Als ich darüber nachgedachte hatte, verspürte ich auf einmal eine tiefe Leere.
Meine Frau und die 3 Kids wären allein gewesen, die Zwillinge wären damals ohne mich auf die Welt gekommen.
In der Nacht blieb ich allein mit meinen Gedanken, auch weinte ich allein in mein Kissen.
Die Gedanken ließen mich nicht mehr einschlafen und so blieb mir nichts übrig als auf das Frühstück und auf Kiara zu warten.
Etliche Stunden später, wo ich mit meinen Gedanken allein war, ging die Tür auf und eine Krankenschwester schaute herein.
Ein lautes guten Morgen, ließen die Gedanken der Nacht vergessen.
In Gedanken schrie ich sie an, hallo ich bin krank und will meine Ruhe.
Wäre es falsch zu sagen, dass sie das nicht interessierte. Ich war einer von vielen, die auf der Station lagen, dennoch lächelte sie immer.
Aber in den darauffolgenden Tagen genoss ich es sie morgens zusehen.
Es spornte mich an diese Gefilde zu verlassen, den Geruch, den tristen Anblick, den Alltag des Krankenhauses zu entfliehen.
Aber es gab auch schöne Zeiten, wo ein Deichkind die Tür öffnete und in das Zimmer rein sah, mit einem fröhlichen "Moin moin" und fragte, ob alles klar war.
Er war Norddeutscher und kam aus Hamburg, worauf ich ihm den Spitzenamen Deichkind gab.
Er, mit seiner freundlichen, netten Art, steckte er alle an. Wenn er reinkam, lächelten Sie alle. Ja, man könnte sagen, dass die Patienten auf ihn regelrecht gewartet hatten und vergaßen für einem Moment, warum Sie da waren.
Die darauffolgenden Tage, verbrachte ich damals mit schlafen, mich langsam aufzurichten, was nur mit starken Schmerzen verbunden war.
Jeden Morgen die Kompressionsstrümpfe anziehen zu lassen und versucht meine Schritte zu üben.
Es fiel mir damals verdammt schwer. Es waren nur wenige Schritte, aber die hatten es in sich.
Jedes Mal bin ich nach dem Training eingeschlafen.
3 lange Wochen musste ich im Krankenhaus bleiben, jeden Tag laufen lernen, jeden Tag Atemübungen.
Anfangs wurde ich noch beim Laufen begleitet, aber mit der Zeit durfte ich allein losziehen.
Ab und zu begegnete mir das Deichkind. Und wie immer ein Spruch von Ihm und ein Lachen der Freude, dass es mir besser ging.
Manchmal sagte er zu mir, „du weißt ja, wo der Kaffee ist“, ich nickte.
Oft hatte er auch die Zeit gefunden eine Tasse Kaffee mit mir zu trinken.
Und mit „so, muss weiter, andere brauchen mich auch“ ging er.
Der Tag der Entlassung näherte sich. Noch ein paar Untersuchungen und ich durfte das Krankenhaus verlassen. Leider blieben mir nur 3 Tage, die ich zu Hause verbringen durfte.
Ich musste zur Reha. Ich genoss die 3 Tage. 3 Tage mit meinen Kindern und meiner Frau.
Nach dem wundervollen Wochenende musste ich zur Anschlussheilbehandlung, 4 Wochen Training, 4 Wochen Fasten.
Anfangs war ich noch skeptisch, aber mit jeder weiteren Woche sah ich eine Verbesserung. Ich kehrte langsam in das selbständige Leben zurück.
Ich wurde damals nach 4 Wochen als Arbeitsunfähig entlassen.
Ich hätte so wie so nicht meinen aktiven Dienst machen können, da der Brustkorb noch nicht vollständig verheilt war.
Es gab Tage, da waren die Schmerzen stark und es gab aber auch Tage ohne Schmerzen.
Ungefähr 3 Monate vor der Geburt der Zwillinge, bin ich zur Dienststelle gefahren.
Meine Kollegen freuten sich sehr, dass ich vorbeischaute. Viele wollten wissen, wann ich zurückkomme.
„Ich weiß es nicht“ war oft die Antwort. Eigentlich hoffte ich, Andreas zu treffen. Dieser war aber leider in einem Einsatz.
Deshalb hatte ich dann Andreas ein paar Tage später privat besucht und wir hatten uns ausgesprochen.
Er wusste bzw. ahnte damals schon, dass ich nicht zurückkehren würde.
Die Zeit bis zu Geburt unsere Zwillinge verbrachte ich mit Sport und Ausdauertraining.
Am Tag der Geburt, fuhr ich mit Kiara in Krankenhaus, Andreas war bereits da und drückte uns die Daumen.
Ein paar Stunden später waren meine 2 Mädchen geboren und wohlauf.
Andreas freute sich und verabschiedete sich mit den Worten „auf viele schlaflose Nächte“.
Ich lachte und ging zurück zu meiner Frau.
In den folgenden Monaten verbrachte ich damit meiner Frau bei den Zwillingen zu helfen. Es war viel Arbeit mit 5 Kindern.
Als die Zwillinge aus dem gröbsten raus waren, kümmerte ich mich um den Wiedereinstieg in den Polizeidienst.
In den aktiven Dienst kehrte ich damals nicht zurück. Das hatte ich auch Ciara versprochen.
Deshalb arbeitete ich viele Jahre als Profiler und Berater bei der Kriminalpolizei.
Da mich das aber nicht voll ausgelastet hatte, widmete ich mich noch zusätzlich den ungeklärten Mordfällen, genannt „Cold Cases“.
Alte ungeklärte Fälle neu aufzuarbeiten und vielleicht den einen oder anderen Fall zu lösen, reizte mich.
Damals fiel mir ein Fall ins Auge. Es waren mehrere Morde an mehreren jungen Frauen, die sehr teure Kleidung trugen.
Bei jeder dieser Frauen wurde ein kleiner gelber Zettel gefunden und die Kehle wurde durchgeschnitten.
Da irgendwann die Morde aufhörten und auch die polizeilichen Ermittlungen ins Leere führten, wurde irgendwann aus diesem Fall ein "Cold Case".
Meine Tätigkeiten als Profiler, Berater und Ermittler sind herausfordernd, doch in den "Cold Cases" fand ich meine Berufung und führe sie bis heute noch aus
Kommentar hinzufügen
Kommentare